04/11 "Erdwärme könnte Atomenergie ersetzen", BERLINER MORGENPOST informiert
Japans Potenzial liegt bei 20 Gigawatt elektrischer Leistung. Das entspricht 15 bis 20 Kernkraftwerken
Die Erde ist ein gigantischer Wärmespeicher: Nur ein Promille unseres Planeten ist kälter als 100 Grad Celsius. Allein im oberen Viertel der Erdkruste steckt genug Wärme, um den derzeitigen Weltenergiebedarf rund 200 000 Jahre lang zu decken. Besonders reichlich sprudelt diese Energiequelle am sogenannten Pazifischen Feuerring: Dieselben Kräfte, die dort die Erde beben lassen, befördern heißes Magma nach oben und machen die Wärme so leicht zugänglich.
Allein für das Atomkraftland Japan schätzen Experten das Erdwärmepotenzial auf rund 20 Gigawatt (GW) elektrische Leistung – das entspricht 15 bis 20 Kernkraftwerken. Derzeit werden in Japan aber nur etwa 2,5 Prozent davon genutzt, und damit gehört das Land noch zu den Vorreitern. Japans 20 Geothermiewerke haben eine installierte Leistung von 536 Megawatt (MW) Strom, das ist Platz acht im weltweiten Vergleich. Beim Erdbeben vom 11. März wurden die japanischen Anlagen zwar automatisch abgeschaltet, liefen aber nach kurzer Zeit wieder an und produzieren seitdem zuverlässsig, wie die Internationale Geothermische Vereinigung (IGA) berichtet.
Das Prinzip eines geothermischen Kraftwerks ist einfach: Magma heizt wie eine unterirdische Herdplatte das Tiefenwasser auf. Bohrt man dieses sogenannte Thermalwasser an, schießt es mit hohem Druck als Dampf nach oben, sofern es heiß genug ist. "Von etwa 250 Grad an kann man schon mit sehr einfacher Technik die Heißdämpfe nutzen", sagt IGA- Direktorin Marietta Sander. Mit dem Dampf wird wie in einem Kohle- oder Atomkraftwerk eine Turbine angetrieben. Sie erzeugt über einen Generator Strom. Das abgekühlte, kondensierte Wasser wird über eine zweite Bohrung in das unterirdische Reservoir zurückgepumpt.
Die Vorteile der Erdwärme liegen auf der Hand: Sie ist unabhängig von Brennstoffimporten, produziert keinen Abfall und kaum schädliche Abgase, funktioniert bei jedem Wetter, und der Vorrat ist nahezu unerschöpflich. Die Technik ist etabliert, im weltweit führenden Geothermieland USA produzieren Erdwärmekraftwerke den Löwenanteil des Stroms von San Francisco. Die Küstenstadt liegt, wie Japan, ebenfalls am Rand der Pazifischen Platte und somit im Feuerring.
Und während man in Deutschland oft vier Kilometer oder tiefer bohren muss, um überhaupt Temperaturen von mehr als 100 Grad zu erreichen, findet man am Pazifischen Feuerring in einem bis vier Kilometer Tiefe schon 200 bis 380 Grad.
Den Bericht können Sie als PDF [4,2 MB] herunterladen.